Tierkrankenversicherung
Es gibt mittlerweile viele Versicherungen, bei denen man sein Tier gegen Krankheit und Unfall versichern kann. Aber selbst für uns TierärztInnen und TFAs ist es teils schwierig, den Tarifdschungel zu durchleuchten. Wir haben uns mit einigen Versicherungen beschäftigt und dabei den Focus auf die wichtigsten Aspekte einer Tierkrankenversicherung gesetzt.
Kann ich mir eine Tierkrankenversicherung leisten?
Eine gute OP-Versicherung kostet je nach Alter, Tierart und Rasse 20,- bis 30,-€ mtl. Für eine gute Voll-Versicherung (inkl. OP) muss mit 70,- bis über 100,- €/mtl. gerechnet werden. Bei vielen Versicherungen kann man den Beitrag durch eine Selbstbeteiligung deutlich reduzieren. Gerade bei jungen Tieren sind schwerwiegende Erkrankungen nicht so häufig, so dass man mit dieser Selbstbeteiligung die monatliche Belastung deutlich reduzieren kann und dennoch im Worstcase-Szenario gut abgesichert ist.
Eine Tierkrankenversicherung ist grundsätzlich wie jede Versicherung zu betrachten: Gewachsen aus einer Solidargemeinschaft zahlen VIELE einen geringen Beitrag ein und WENIGE partizipieren dann an der Versicherung, wenn Ihr Tier schwer erkrankt und die meisten Kosten von dieser Versicherung dann getragen werden – es gilt das Solidaritätsprinzip.

Soll ich eine Tierkrankenversicherung abschließen?
Es gibt nichts Schlimmeres, wenn dem eigenen Tier mit einer optimalen Therapie geholfen werden könnte, es aber an den Kosten scheitert und nur eine minimale und unbefriedigende Lösung herhalten kann.
Deswegen gilt es, einen Krankenschutz für sein Tier zu haben, der massiv hohe Kosten in Krankheit und Notfall bzw. Unfall abdeckt.
Bei fast allen Versicherungen gibt es als „Basis-Schutz“ eine Versicherung, die nur Operationen nach Unfällen absichert. Diese schlägt zumeist mit nur 15,- bis 30,- € monatlich zu Buche. Aber Unfälle sind bei weitem die wenigsten Gründe, mit seinem Haustier eine Praxis/Klinik aufzusuchen. VIEL HÄUFIGER werden in den Tierarztpraxen und – kliniken Operationen ohne Unfallursache durchgeführt, oder chronische bzw. akute Erkrankungen behandelt. Diese können schnell mal einige Tausend Euros kosten.
Deswegen empfiehlt sich dringend eine komplette Kranken- oder Voll-Versicherung. Wenn dies finanziell nicht möglich ist, sollte wenigstens eine OP-Versicherung (NICHT nur Unfälle) in Betracht gezogen werden.
Auf welche Tarif-Bestandteile bei einer Tierkrankenversicherung muss geachtet werden?
Dazu haben wir folgende Aspekte und Fragestellungen erörtert:
- Ausreichende Deckungssummen für Behandlungen und Operationen.
Optimal ist eine „unbegrenzte Deckungssumme“. Deckungssummen unter 3.000,- €/Jahr sind nicht zu empfehlen. Eine OP-Versicherung mit 1.000,- €/jährlich, oder eine Übernahme einer Behandlungssumme von 600,- €/jährlich ist wegen Unterversicherung im Hinblick auf die Kosten bei Krankheit oder OP nicht empfehlenswert. Auch, wenn der niedrige Monatsbeitrag verlockend ist.
Eine „Tierkranken-Vollversicherung“ ist nicht immer eine Vollversicherung. Und durch Begriffe wie „Premium“ sollte man sich nicht täuschen lassen. Manchmal suggeriert der Begriff mehr, als dahinter steckt. - Keine „Einseitige“ Vertragsauflösung:
Versicherungen, die jemanden auch VIELE JAHRE später „rauswerfen“, weil sein Tier häufiger als der Durchschnitt erkrankt, oder mehrmals operiert werden musste, sind nur bedingt empfehlenswert. Nach einigen Jahren der regelmäßigen Beitragszahlung sollte Kündigungsschutz für den Versicherungsnehmer bestehen. - Zügige Abrechnung
Eine Tierkrankenversicherung sollte nach Einreichung der Rechnung eine zügige Zusage und Überweisung gewährleisten. Stellt eine Versicherung viele Nachfragen vor einer Zusage, kann davon ausgegangen werden, dass in den Versicherungsbedingungen viele Einschränkungen bestehen, die die Versicherung vor Leistungsabsicht abgeklärt haben will. Idealerweise rechnet die Versicherung direkt mit dem Tierarzt ab. - Transparenz
Bei einigen Versicherungen sind in den Bedingungen Einschränkungen und Ausschlüsse gelistet. Für den Tierbesitzer ist es oft nicht beurteilbar, ob die genannten Einschränkungen bedeutsam sind. Erkrankungen, welche selten in der Praxis/Klinik vorkommen, müsste die Versicherung nicht ausschließen. Andere dagegen, die gehäuft bei Hund und Katze – oft züchtungsbedingt – auftreten, schließen manche Versicherungen aus. So gilt z. B. für einige Gelenkerkrankungen (FPC, Patella Luxation) als genetisch bedingte Erkrankungen, der Ausschluss. Diese Erkrankungen sind aber bei kleinen bzw. großen Hunderassen häufig und eine solche Operation kostet oft weit über 2.000,- €.
Oft muss dann auch an beiden Vorder-, bzw. Hintergelenken operiert werden und die Kosten verdoppeln sich damit auf weit über 4.000,- €. Andere Operationen werden zwar erstattet, aber manchmal limitiert auf z. B. 1.000,- € . So wird z. B. die Operation „Kreuzbandriss beim Hund“ von vielen Versicherungen übernommen, aber manchmal bleibt der Tierbesitzer wegen eines angegebenen Limits in den Versicherungsbedingungen auf den Großteil der Kosten sitzen (Kreuzband-OP: ab 2.500,- €).
Manche Versicherungen übernehmen keine Kosten für MRT oder CT, oder nur bis z. B. 200,- €. Solche diagnostischen Untersuchungen sind aber in der heutigen Zeit in der Tiermedizin nicht mehr wegzudenken, aber mit über 1.000,- € sehr kostenintensiv.
Deshalb ist eine transparente Gestaltung des Leistungskatalogs (Aussagen zum Umgang mit Vorerkrankungen, chronischen Erkrankungen und Erbkrankheiten) wichtig. - Freie Tierarztwahl
Es sollte dem Tierbesitzer freigestellt sein, zu welcher Praxis oder Klinik er mit seinem Tier gehen möchte. - Therapiefreiheit des Tierarztes
Alle in der Tiermedizin anerkannten OP-, Behandlungs- und Untersuchungsmethoden sollten versicherungstechnisch abgedeckt sein. - bei OP-Versicherung:
Volle Kostenübernahme der präoperativen Diagnostik (normalerweise bis 14 Tage vor OP) und postoperativen Therapie. - GOT-Gebühren
Versicherungen sollten Tierarzt-Rechnungen bis zum 3-fachen Satz der GOT akzeptieren. Gerade technisch aufwendige kostenintensive Untersuchungen (MRT, CT, Herzultraschall, Arthroskopie) liegen immer über dem 2-fachen Satz.
Wenn die Versicherung Rechnungen bis zum 4-fachen Satz der GOT übernimmt, ist dies ideal, da dann auch die Kosten im Notdienst vollständig übernommen werden. Wenn in den Versicherungsbedingungen nur der 1-fache Satz oder nur bis zum 2-fachen Satz der GOT akzeptiert wird, ist zwar der monatliche Beitrag für den Tierbesitzer niedriger, aber es liegt meistens eine Unterversicherung vor. - Selbstbeteiligung
Je höher die Selbstbeteiligung, desto niedriger die monatliche Rate. Hier muss jeder selber nach seinem Budget kalkulieren. Bei jungen Tieren empfiehlt es sich evtl. mit einer höheren Selbstbeteiligung zu starten, da oftmals keine hohen Tierarztkosten anstehen. Man sollte dann mit der Versicherung klären, ob man später die Selbstbeteiligung verringern kann.
Welche Tarif-Bestandteile bei einer Tierkrankenversicherung können vernachlässigt werden?
- Auslandskrankenschutz
Ist bei den meisten Voll-Versicherungen inklusive – für 6-12 Monate Europa, oder weltweit. - Vorsorgeuntersuchungen
Einige Versicherungen erstatten Vorsorgekosten (Impfung, Wurmkur etc.) bis 100,- €, manch andere nur die Impfung ohne Parasitika. - Zuschuss zur Kastration
- Wartezeit
Eine Wartezeit für Erkrankungen ist mit max. 4-8 Wochen üblich. Für Unfälle sollte keine Wartezeit vorliegen. - Futtermittel
Manche Versicherungen erstatten die Kosten für medizinisch notwendige Futtermittel, andere erstatten nichts. - Übernahme der Kosten für stationäre Unterbringung
Manche Versicherungen übernehmen diese Kosten nicht. Die reinen Stationskosten liegen i.d.R bei ca 10,- € bis 30,- €/Tag. Die Behandlungskosten (deutlich kostenintensiver je nach Erkrankungsfall) während des stationären Aufenthalts haben aber nichts mit der stationären Unterbringung zu tun und werden i.d.R von der Versicherung getragen.

Zusammenfassung:
Die wichtigsten fünf Parameter sollten bei der Entscheidung zu einer Tierkrankenversicherung herangezogen werden:
- Ausreichende Deckungssumme
- Keine „Einseitige“ Vertragsauflösung nach mehr als 4 Jahren
- Service (zügige Abrechnung, Transparenz, freie Tierarztwahl, Therapiefreiheit)
- GOT-Gebühren (Abrechnung bis zum mind. 3-fachen Satz der GOT)
- Selbstbeteiligung nach eigenem Budget wählen

Je schlechter diese Parameter abschneiden, desto niedriger der monatliche Beitrag für eine Tierkrankenversicherung.
Auf die o.g. „vernachlässigbaren“ Tarifbestandteile sollten Sie sich nicht fokussieren.
Es geht insbesondere um eine finanzielle Absicherung bei hohen Kosten für OP, Untersuchungen, oder Behandlungen, nicht darum, jeden „Kleinkram“ abgesichert zu haben.